Berichte von 08/2021

Sonntag, 22.08.2021

Wander(un)lust

Nie. Wieder.
Irland, Wandern und ich, wir werden einfach keine Freunde mehr. Schon wieder klitschnass. Dreckig und stinkend noch dazu. Schon wieder nichts als graue Suppe. Ich dreh durch...


3 Stunden zuvor:
Heute ist Wandertag! Nachdem ich die letzten Wochen wegen des Wetters ja wirklich unmotiviert war, am Wochenende großartig rauszugehen, und auch gestern den verregneten Tag drinnen verbracht habe, schnüre ich heute wieder meine Wanderschuhe. Eine Woche "Sommer"-Wetter ist angesagt und das soll heute - wenn auch zaghaft - beginnen. Gestern Abend habe ich mir in Komoot eine vielversprechende Route herausgesucht, die mich vor allem zum Gipfel des Lugnaquilla führen soll. Das ist einer der Berge aus der 4 Peaks Challenge, nur eine gute Fahrstunde von Dublin entfernt. Gegen halb 9 verlasse ich also an diesem Sonntagmorgen das Haus und setze mich ins Auto.

Unterwegs höre ich ausnahmsweise mal irisches Radio. Habe ich bisher sehr wenig gemacht, weil sie hier uuuunfassbar viel reden statt Musik zu spielen. Aber heute bleibe ich irgendwie hängen und verfolge eine 20-minütige Debatte über die neue Amazon-Serie "Nine Perfect Strangers" und Extrem-Wellness-Ressorts, eine kurze, aber angeregte Unterhaltung über Love Island (UK) und schließlich ein fast halbstündiges Interview mit einer jungen irischen Singer-Songwriterin. Alles irgendwie seichte, aber unterhaltsame Kost, die ganz gut in meinen Sonntagmorgen reinpasst.
Die Straße unter meinen Reifen gleicht wieder mehr einem Feldweg als einer Fahrbahn für Autos. Die Schafe, die mir hin und wieder auf der Straße entgegenkommen, verstärken diesen Eindruck. Ich bin heilfroh, dass ich sie rechtzeitig erkenne, denn die Straße führt mich durch abgelegne Hügellandschaften und - wer hätte es gedacht - es ist super nebelig und es nieselt. Ebenso wie für die Schafe bin ich heute Morgen auch für jeden Radfahrer dankbar, den ich trotz des Nebels nicht über den Haufen fahre...

Ich besorge mir noch schnell ein wenig nahrhaftes und trotzdem super teures Frühstück und immerhin, als ich dann endlich am Parkplatz ankomme (ich war deutlich länger unterwegs als geplant) scheint sogar ein wenig die Sonne. Also schnell was gegessen, währenddessen Schuhe angezogen, Rucksack fertig gepackt und Abmarsch!
Der Parkplatz ist proppenvoll und ich habe am Einstieg des Weges zwei größere Wandergruppen vor mir, die ich aber zum Glück schnell hinter mir lassen kann. Nee, das wäre ja nichts für mich. Hab ich letztes Mal schon gemerkt, als ich tatsächlich selbst Teil einer solchen Gruppe war.

Heute bin ich alleine unterwegs und mir gefällt's. Die ersten 20-30 Minuten führen mich über gut begehbare und als solche zu erkennende Wanderwege, erst durch ein Wäldchen, dann durch ein Tal mit schönem Ausblick auf die umliegenden Berge. Und dann endet der Weg und ich stehe vor einem doch recht steilen Berghang, dessen grüne Oberfläche von reichlich Felsen und kleinen Bachläufen unterbrochen wird. Ein Blick auf mein Handy sagt mir: Da musst du hoch. Während anfangs noch ganz gut ein Trampelpfad zu erkennen ist, muss ich nach einer Viertelstunde im Hang immer wieder anhalten, um zu sehen, wie ich wohl am besten weitergehe - Weg Fehlanzeige. Ich bahne mir also einfach irgendwie im Zickzack und mit kleinen Klettereinlagen meinen Weg nach oben. Geschafft - in 1:15 h ganze 3,2 km, haha.

Oben angekommen erstreckt sich vor mir ein weites Plateau mit moorigem Wiesenuntergrund. Und Schafen. Ich mache eine kurze Rast und genieße dabei die Aussicht über das Tal, in dem ich gerade noch gestanden habe. Dann ein Blick hinter mich und ich krame widerwillig meine Regenjacke aus dem Rucksack, weil gerade eine dicke, graue und ziemlich feucht aussehende Nebelwand über den vor mir liegenden Bergkamm und direkt auf mich zurollt. Na toll. Kurze Zeit später war es das dann auch mit der Aussicht. Aber ich habe mir heute vorgenommen, für jegliches Wetter dankbar zu sein, das nicht Regen ist. Und das habe ich weiterhin, also kein Grund zur Beschwerde!

Der zunehmende Nebel erschwert die Suche nach dem Weg allerdings weiter. An den matschigeren Stellen lässt sich immer mal wieder ein Trampelpfad erkennen. Mir kommen auch ab und zu eifrige und durch die Bank weg gut gelaunte Wanderer entgegen. Das beruhigt mich, denn dann scheint meine Richtung ja grob zu stimmen. Ich finde es aber doch ungewohnt, dass hier wirklich so gar nichts ausgeschildert bzw. wenigstens markiert ist (war es übrigens auf den Carrauntoohil auch nicht). Die Menge der Wanderer, denen ich begegne, spricht ja doch dafür, dass das hier ein durchaus beliebtes Wanderziel ist. Und die Leute hier sind definitv nicht allesamt top erfahrene Outdoorprofis mit ausgezeichneten Karten- und Kompass-Lesekenntnissen. Natürlich gefällt es mir, dass die Natur hier so unberührt ist! Ich finde aber, die Markierungen, die man z.B. in den Alpen oft auf Felsen findet, sind da ein guter Kompromiss. Zumal sich das Fehlen von Wegen und Markierungen hier doch wahrscheinlich nicht selten im wahrsten Sinne des Wortes als Touristenfalle entpuppt...?

Während ich so vor mich hingehe denke ich auch kurz darüber nach, ob der unbeständige, das heißt mal mehr und mal weniger matschige, Untergrund auch ein Risiko darstellt. Ich entscheide mich für 'Nein'. Die dichte und scheinbar tief verwurzelte Wiese, die die Oberfläche zusammenhält, scheint mir doch stark genug, um treibsandähnliche Moor-Szenarien à la Indina Jones zu verhindern. Außerdem guckt man ja, wo man hintritt...
PLATSCH!
Ich stehe im Wasser. Nein, im Matsch. Bis zur Hüfte. Erste Versuche, mich "an Land" zu bringen zeigen außerdem: ich stehe nicht, ich stecke. Fest. Ich kann nicht anders, aber ich muss lachen. Ist wahrscheinlich auch besser als in Panik zu verfallen.
Scheinbar hab ich aber während meines Abgangs kurz aufgeschrien, denn ein Paar, das nicht weit vor mir den nächsten Hang besteigt, ruft: "Ist alles okay bei dir???" - "Ähm ja, danke, mir geht's gut. Aber... Ich glaube, ich könnte Hilfe gebrauchen!" Meine Retter sind schon unterwegs. Ein sympathisch aussehender Mann versucht, so nah wie möglich an mich heranzukommen, ohne dabei selber in meinem netten Sumpfloch zu landen. Er steht schließlich hinter mir und reicht mir seinen Arm. Es ist echt komisch (man könnte wohl auch sagen, angsteinflößend), denn ich kann mich wirklich kaum bewegen. Ich schaffe es irgendwie, meinen Oberkörper weit genug zu ihm herumzudrehen und seinen Arm zu greifen, mehr kann ich aber nicht beitragen. Mein Retter - Owen, wie ich später erfahre - ist aber glücklicherweise stark genug, um mich auch ohne mein Zutun aus dem Sumpf zu ziehen.
"Ich hatte ein wenig Angst, dir den Arm rauszureißen." und "Wir wollten eigentlich gerne ein Foto machen, aber dann wollten wir doch erst sichergehen, dass du dich nicht verletzt hast.", sind die Gedanken, die er im Nachhinein noch mit mir teilt. Für einen kurzen Augenblick hatte ich tatsächlich selber überlegt, nach einem Foto zu fragen. Muss ja schon ziemlich lustig ausgesehen haben. Und tatsächlich genehmigen wir uns ein paar verlegene und vielleicht auch erleichterte Lacher und Owen selbst und andere vorbeikommende Wanderer berichten ebenfalls von steckengebliebenen Beinen. Wir tauschen uns noch kurz über den restlichen Weg bis zum Gipfel und den Rückweg aus, dann gehe ich weiter.

Eine Minute später ist mir der Spaß an der Sache dann vergangen. Dank meiner klitschnassen Hose und Schuhen habe ich mich gedanklich schon damit abgefunden, Owens Rat zu befolgen und nicht meine geplante 16 km Runde zuende zu bringen. Außerdem wird es mit jedem Schritt weiter den Berg rauf immer nebliger und ich bin schließlich total genervt. Es ist nicht mal, dass ich friere oder so, das Wasser war überraschend warm und es ist heute nicht so windig - aber die Tatsache, dass meine Wanderung heute scheinbar schon wieder unter so einem schlechten Stern steht, frustriert mich tierisch. Hinzukommt, dass es mich allmählich auch beunruhigt, dass ich mich ausschließlich auf mein Handy verlassen muss, um den "Weg" zu finden. Der Nebel ist so dicht, dass ich Owen und seine Frau, Gillian, hinter mir zwar hören, aber nicht sehen kann.
Um nicht ganz verloren zu gehen, schließe ich mich den beiden kurzerhand für die letzten hundert Meter bis zum Gipfel an (wo auch immer der sein mag). Wir plaudern ein wenig und Owen bietet mir an, dass ich den direkten Rückweg mit ihnen gemeinsam gehe. Dieses Angebot nehme ich dankend an, auch wenn mir der "Abbruch" meiner Tour trotz oder vielleicht sogar wegen der Umstände absolut widerstrebt.

Aber irgendwie hat ja doch alles im Leben seinen Sinn und so kommt es, dass wir drei uns auf dem Rückweg super gut unterhalten, über Gott und die Welt. Somit sind die zwei heute wohl nicht nur meine Lebensretter, sondern haben mir auch noch anderthalb gesellige Stunden und gute Laune geschenkt.
(Wir stellen im Laufe der Gespräche sogar fest, dass die beiden mit ihren drei Kindern nur 3 Straßen von mir entfernt wohnen. Owen findet diesen Zufall so abwegig, ich glaube, er denkt, ich veräppel ihn.)

Als ich schließlich wieder an meinem Auto ankomme ist meine Sportleggins netterweise wieder trocken und ich kann den Schlamm abklopfen. Meine Schuhe hingegen hat es wieder ganz schön hart erwischt. Ich bin heilfroh, dass ich immerhin Wechselsocken- und schuhe dabei habe.
Jetzt heißt es nur noch: nach Hause kommen, duschen, Klamotten in die Waschmaschine stopfen und Schuhe waschen. Für mehr wird es heute wohl nicht mehr reichen.

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Ich habe das Gefühl, ich sollte vielleicht noch ein, zwei Dinge hierzu sagen:
Ja, ich habe im Nachhinein über die Situation gelacht und auch am Montag auf der Arbeit haben wir unsere Witze darüber gemacht. Aber mir ist doch durchaus bewusst, dass ich hier ziemliches Glück im Unglück hatte und das Ganze nicht ohne war.
Ein großes Dankeschön also an alle, die mir auf die ein oder andere Art Schutzengel mit auf den Weg gegeben haben!
Ich habe noch nicht endgültig entschieden, welche Konsequenzen ich aus dieser Erfahrung ziehe. Es war zwar ohnehin nicht meine Absicht, das Land immer alleine zu erkunden, aber ich möchte mich auch nicht komplett davon abhängig machen, jedes Mal eine Begleitung finden zu müssen, wenn ich wandern möchte. Mal sehen, ich lasse mir etwas einfallen.


Lied der Woche: Orla Gartland - More Like You

Montag, 16.08.2021

Der Alltag beginnt

Guten Abend ihr Lieben,

ich hoffe, es geht euch allen gut und ihr habt am Wochenende das schöne Wetter genossen :)
(Also zumindest zuhause war es schön, ich weiß ja nie so genau, wer hier alles mitliest...)

Schönes Wetter zum Genießen gab es bei mir nicht, aber hier ist soweit alles okay. Die Überschrift lässt es schon vermuten: In den letzten zwei Wochen ist nichts großartig Spannendes passiert. Auch wenn das Wort "Alltag" momentan vielleicht doch noch ein bisschen zu viel gesagt ist.
Die kurze Woche nach den Abenteuern (und Strapazen) unten in Kerry - Montag den 02.08. war hier ja Feiertag - kam mir ganz gelegen und ich habe das folgende Wochenende bewusst nicht viel unternommen. Ich war ganz schön groggi.
Das lag letztes Wochenende aber wohl auch daran, dass ich den Donnerstag zuvor das erste Mal "aus" war. Sarah hatte die Senior Manager/Abteilungsleiter aus ihrem Bereich zwecks Teambonding zum gemeinsamen Abendessen zusammengetrommelt. Das hat sich, wie ich finde, als super Idee herausgestellt, dann wir hatten einen wirklichen schönen, langen und vor allem lustigen Abend. Wir haben uns in einem Restaurant mit lockerer Atmosphäre etwas außerhalb der Stadt getroffen, dem "The Bernard Shaw", es gab klassisch Burger und Pommes und nunja, das ein oder andere alkoholisch Getränke.
Wir, das waren an diesem Abend Sarah (logisch), Shane und Alice (die auch mit wandern waren), Lea (eine Deutsche, die seit 17 Jahren in Irland lebt und knapp 3 Wochen vor mir bei Lidl angefangen hat) und ich. Es wurden einige Anekdoten aus früheren Lidl-Zeiten zum Besten gegeben, aber auch viel Privates besprochen. Den ganzen Abend herrschte eine friedliche, ausgelassene Stimmung. Für meine irischen Kollegen war es auch das erste Mal Auswärts-Essen seit mindestens einem Jahr, denn die Corona-Beschränkungen waren hier noch deutlich drastischer als in Deutschland. Dementsprechend groß war die Freude über die lang ersehnte Abwechslung. Ich war zwar in den letzten Wochen in Deutschland schon ein paar Mal essen, aber fast nur zu zweit. Daher hab auch ich wie schon die Woche davor den Abend in Gesellschaft sehr genossen und mich ziemlich wohl und willkommen gefühlt. Sarah war ganz Feuer und Flamme und hat den Abend über immer mal wieder Reden darüber gehalten, was wir doch für starke Leute im Team sind und dass sie fest davon überzeugt ist, dass wir den Bereich ganz weit nach vorne bringen können, wenn wir in unserem Senior Management Team gut zusammenarbeiten. So viel positive Energie im Arbeitsumfeld ist schon was Schönes! Mit steigendem Alkoholpegel wurden die Reden immer emotionaler, irgendwann gab es sogar noch einen Kleiner-Finger-Schwur haha, oh man... Kurz danach raunte Shane, der wegen einer Hochzeit am nächsten Tag ebenso wie ich nüchtern war, zu: "Jetzt verstehe ich, warum die Leute immer wieder sagen, Lidl sei eine Sekte."

Am nächsten Tag gab es dann Familienzuwachs!
Paul und Ruth wollten Gesellschaft für Paddington und haben nach zweijähriger Suche (Hunde waren in der Pandemie eben heiß begehrt) nun endlich einen Neufundländer-Welpen kaufen können. Die ca. 10 Wochen alte Daisy hält uns alle, aber vor allem Ruth, also seit nun 1,5 Wochen gut auf Trab, aber meistens auch bei guter Laune. Samstagabend haben Paul, Ruth und ich, ich glaub, eine knappe Stunde lang nach dem Abendessen damit zugebracht, einfach dabei zuzusehen, wie sie mit Paddington rumwuselt. Er findet das nicht immer so spaßig wie sie, ist aber extrem geduldig. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber wenn jemand mit Anlauf auf mich springen und sich in meinem Ohr festbeißen würde, wäre ich nicht mehr tiefenentspannt, auch nicht nur scheinbar!
Wenn ich jetzt früh morgens runter in die Küche komme, werde ich immer freudig von der Kleinen begrüßt und es gibt eine kleine Krauleinheit. Und wenn ich dann abends von der Arbeit komme, toben wir oft ein wenig rum. Das ist echt schön, so einen Sonnenschein im Haus zu haben. Wobei ich dabei halt auch irgendwo die Rolle der coolen Tante einnehme - ich kann mit Daisy Unsinn treiben oder kuscheln, wenn mir danach ist, muss mich aber ansonsten nicht groß kümmern. Ruth hingegen hat das volle Mama-Programm: tagelang auf der Couch schlafen, um nachts fast stündlich mit dem Baby auf Toilette zu gehen, Unfälle wegmachen, und zum Onkel Doktor fahren.

     

Um das neue Familienmitglied willkommen zu heißen, gab es letzte Woche Sonntag eine kleine Party hier. Ruths Mutter, ihre Geschwister und deren Kinder sind gekommen, Paul hat Pizza und Lasagne gemacht und es gab - oh Wunder - die ein oder andere Flasche Wein und Bier. Auch eingeladen war Henry, ein Südafrikaner, der vor einiger Zeit mal bei Paul und Ruth gewohnt hat, jetzt eine neue Bleibe in Dublin hat und immer noch hin und wieder zum Abendessen oder Ähnlichem vorbeikommt. Ich hatte schon viel von ihm erzählt bekommen, da war es ganz cool, ihn auch mal persönlich kennenzulernen. Mit ihm hab ich mich also ein wenig unterhalten an dem Abend, ansonsten war es mir aber zu trubelig und zu kalt, deswegen bin ich nach drei Stunden dann in mein Zimmer gegangen. War auch spät genug, ich musste ja auch arbeiten am nächsten Tag.

Vergangenes Wochenende habe ich samstags meine erste Shopping-Tour unternommen. Der Tag war grau und total verregnet und ich brauche tatsächlich ein paar Sachen, da war das irgendwie die naheliegendste Beschäftigung. Das Dundrum Shopping Centre ist ziemlich groß und bietet neben zahlreichen Möglichkeiten zum Schlemmen eigentlich jeden Laden, den man brauchen kann, darunter sehr viele internationale Ketten: Von den Klassikern wie Zara, H&M und Jack&Jones über Vans, Northface, Hollister und Massimo Dutti bis hin zu Penney's (aka Primark) war alles dabei. Dazu noch viele kleinere Geschäfte, die vermutlich nur hier vor Ort bekannt sind.
Da mein Frühstück schon recht lange her war, hab ich mich erstmal mit einem Donut für den Kampf gewappnet. Ich bin ja eh keine große Shopperin und es war wirklich, wirklich voll dort (Samstag und Regen, was soll man da auch anderes erwarten), daher war Nervennahrung auf jeden Fall wichtig! Oh man und dann musste ich leider feststellen, dass wegen der Pandemie die Umkleiden immer noch gesperrt sind, mhmpf. So kann ich echt nicht arbeiten. Aber ich war tapfer und habe mich durch einige Läden durchgekämpft, was aber trotzdem von relativ wenig Erfolg gekrönt war. Aber immerhin: Die Teile, die ich schlussendlich gekauft habe, passen und gefallen mir auch an mir. Dass nur zwei der vier gekauften Teile auf meiner gedanklichen Liste standen, brauche ich wahrscheinlich zumindest für die weibliche Leserschaft nicht erwähnen...

So viel zu meinen Erlebnissen in den letzten zwei Wochen, wenn man es so nennen will. Dazwischen habe ich viel gearbeitet und mich bemüht, regelmäßig Sport zu machen, wenigstens ein bisschen. Ich muss zugeben, das graue und nasse Wetter schlägt mir schon irgendwie auf's Gemüt und für meine Sport-Motivation ist es erst recht nicht förderlich. Aber gestern habe ich wirklich das Beste daraus gemacht. Ich wollte eigentlich in meinem Zimmer ein Workout machen, hatte mich dann aber daran erinnert, dass hier ganz in der Nähe noch ein großer Park sein muss, den ich mal erkunden wollte. Und obwohl der Himmel wolkenverhangen und es wie die meiste Zeit leicht windig war, war es gar nicht so kalt wie ich den ganzen Tag dachte. Also Laufschuhe an und los geht's. Siehe da - es war die richtge Entscheidung. Der Corkagh Park ist wirklich schön, ganz nach meinem Geschmack - die Wiesen gewohnt grün und gut gepflegt, immer wieder von schmalen Waldstreifen durchzogen und es gibt mehrere Teiche. Die Weite des Parks hat es mir auch leicht gemacht, mal wieder ein wenig länger zu laufen ohne Quälerei, das tat gut.

Ansonsten habe ich viel Zeit damit zugebracht, Wohnungsanzeigen zu durchforsten, Anfragen zu schreiben, Rückmeldungen zu sortieren und Wohnungen zu besichtigen. Puuhh also das war wirklich kein Spaß und in mehrerer Hinsicht echt anstrengend. Heute Abend hatte ich meine 11. Besichtigung und ich habe insgesamt rund 40 Anfragen geschrieben.
Hatte ich eigentlich schon mal berichtet, wie absurd teuer die Mieten hier sind? Das vielleicht als Anhaltspunkt: Für mein ungefähr 12qm großes Zimmer zahle ich monatlich 900€ - und wohne wirklich noch außerhalb der Stadt. Und doch ist mir letzten Freitag Folgendes passiert: Da sitze ich in meiner Mittagspause alleine am Tisch, löffle mein Joghurt und durchforste wie jeden Tag meine Wohnungs-Such-App und habe plötzlich das Gefühl, das Schnäppchen des Jahres entdeckt zu haben! Eine richtige Wohnung, so mit separatem Wohn-/Esszimmer, geräumiger Küche, normalgroßem Schlaf- und Badezimmer, voll möbliert (wohl recht altmodisch) und das für läppische 1.000€ - Knaller! Das Ganze in Naas, einem netten Städtchen ein gutes Stück weit außerhalb von Dublin City, aber noch in guter Entfernung zu Tallaght, wo mein Büro ist. Da hab ich natürlich sofort eine Anfrage hingeschickt. Tatsächlich ist mir erst am nächsten Morgen durch den Kopf gegangen, wie sehr ich mich schon an diese abgedrehten Verhältnisse hier gewöhnt haben muss. In Deutschland würde ich mir nie für mich alleine eine Mietswohnung für 1.000€ suchen - und mich dann auch noch über das super günstige Angebot freuen.
Aber wie heißt es nicht so schön: Gut Ding will Weile haben. Halleluja, seit circa zwei Stunden bin ich endlich erlöst von dem Marathon der Wohnungssuche! Ab dem 1. September habe ich eine neue Bleibe - wie, wo, was genau berichte ich dann, wenn es soweit ist.
Ich glaube, das Warten und all die Mühe haben sich gelohnt und ich bin erstmal einfach froh, dass ich mich diesbezüglich jetzt entspannen kann.

So, das muss für den Moment reichen.
Gute Nacht & bis bald!


Lied der Woche: Namika - Alles was zählt

Sonntag, 01.08.2021

Erste Abenteuer (Teil 3)

So, 01.08. - Cork City

In meinem super bequemen, großen Bett in diesem herrlich ruhigen BnB, direkt an den Feldern habe ich wieder sehr gut und lange geschlafen. Ich mache mich in aller Seelenruhe fertig, frühstücke, plaudere noch kurz mit der sehr netten Gastgeberin und sitze dann mit Sack und Pack gegen 10 Uhr wieder im Auto.

Erster Halt: Courtmacsherry - laut meinen Vermietern ein absolutes Muss. Ich glaube fast, Paul würde mich heute Abend gar nicht mehr reinlassen, wenn ich ihm sagen würde, ich war nicht dort. Laut Google Maps dauert die Fahrt dorthin nur eine gute Viertelstunde, ich habe aber auf der Karte eine Route gesehen, die näher an der Küste vorbeiführt und versuche, diese einzuschlagen. Das findet Google gar nicht lustig. Ich hatte ja gehofft, wenn ich einmal den Weg eingeschlagen hätte, würde Google verstehen, worauf ich hinauswill und mich dann sicher ans Ziel führen. Stattdessen streiten wir uns den ganzen Weg nach Courtmacsherry darüber, wo ich am besten langfahren sollte und mein Auto macht indes wieder Bekanntschaft mit dem ein oder anderen Busch. Aber ich bin ja abghärtet von gestern und außerdem behalte ich Recht und erwische noch ein, zwei schöne Ausblicke auf's Meer!


(Für's Protokoll: Ja, ich habe angehalten, um das Foto zu machen.)

In Courtmacsherry angekommen, parke ich mein Auto am hinteren Ende vom Ort, wo sich am Strand gerade einige Kinder und Jugendliche tummeln und für ihr Rudertraining rüsten. Entgegen besseren Wissens sieht das Gewässer zu meinen Füßen für mich eher nach See aus als nach Meer - das muss sich irgendwo hinter der Kurve verstecken, die das Festland zu meiner Rechten macht. Ich schätze, für das Rudertraining ist das wohl auch besser so.
Ich folge dem Rat meiner Gastgeberin von heute Morgen und gehe ein Stück in das angrenzende Waldstück hinein. Hier verläuft die Route von einem Küstenrundwanderweg und es gibt noch zwei kleinere Rundwege. Aber auch heute bin ich wirklich nicht in Wander-/Spazierlaune. Nach einem knappen Kilometer entdecke ich am Waldesrand einen kleinen Weg, der runter zum Ufer führt und nehme diese "Einladung" gerne an.
Das Wetter ist heute unverändert grau und ungemütlich (aber immerhin bisher trocken) und passt damit irgendwie leider wieder ziemlich gut zu meiner Stimmung. Oder meine Stimmung hat sich dem Wetter angepasst, wer weiß das schon. Jedenfalls setze ich mich unten am Ufer auf die Steine, blicke auf's Wasser hinaus und hänge eine ganze Weile meinen melancholischen Gedanken nach...

Irgendwann schaffe ich es, mich von meiner kleinen Privatbucht und für einen Moment auch von meinen Gedanken loszureißen und mache mich wieder auf den Rückweg. Die Steine, auf denen ich saß waren ohnehin ganz schön unbequem.
Auf meiner Fahrt weg von der Küste komme ich durch den Ort Timoleague, wo eine Ruine meine Aufmerksamkeit erregt. Ich erfahre, dass dies ein ehemaliges Franziskaner-Kloster ist, das irgendwann von englischen Lord niedergebrannt wurde. Na ob das gut war für seine Himmel-Hölle-Bilanz, ich weiß ja nicht. Im Innenbereich der Ruine ist auf einer Skizze auch festgehalten, wo damals welcher Bereich/welcher Raum war. Ich finde so etwas ja schon immer ganz schön interessant, aber leider fehlt mir bei architektonischen Dingen auch immer jegliche Vorstellungskraft.
Inzwischen wurde die Ruine allem Anschein nach zu einem Friedhof umfunktioniert (hierzu finde ich aber keine Infotafel). Sehr ungewöhnlich, wie ich finde. Und nicht gerade stimmungshebend, jedenfalls heute nicht. Also weiter geht's!

       

Ich komme nun in den Genuss, mein Auto auch mal über befestigte, breite, mehrspurige Straßen zu fahren. Es geht wieder in Richtung Zivilisation, genauer gesagt nach Cork City. Als ich mich dort wieder mit mehrspurigen Kreisverkehren und der für mich absolut undurchsichtigen Verkehrsführung hier in Irland herumschlagen muss, sehne ich mir aber glatt schon wieder den Skellig Ring zurück.
Kleine Landeskunde: Cork (City) ist nicht nur die Hauptstadt des gleichnamigen Countys, sondern auch auch die zweitgrößte Stadt Irlands - mit rund 210.000 Einwohnern. Süß.
Tatsächlich gefällt mir das, diese Mischung aus Großstadtfeeling, das angesichts des regen Treibens und der vielen Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants in der Innenstadt entsteht, und der Überschaubarkeit der Stadt.
Ich spaziere ein wenig durch die Straßen, um mich einfach nur umzuschauen und steuere dann mein soeben ergoogeltes Ziel an. Ich habe mir nämlich bei Tripadvisor mal wieder die beste Eisdiele der Stadt herausgesucht. Die liegt etwas abseits von den EInkaufsstraßen, aber ich glaube, der kleine Ausflug hat sich gelohnt: Mein Eisbecher ist nicht nur optisch ein Knaller, das Eis schmeckt auch wirklich sehr gut und die Brownies duften herrlich kräftig nach Schokolade!

Und wieder sind es Straßenmusiker, die mir die besten Augenblicke der Woche bescheren. In einer kleinen, aber gut besuchten Gasse sorgt die Band Code of Behaviour für viel Aufsehen und gute Stimmung und zaubert mir nicht nur ein Lächeln ins Gesicht. Auch als ich mein Eis aufgegessen habe, verweile ich noch. Die Jungs sind echt klasse und strahlen pure Begeisterung aus. Und spätestens als nach den ersten Takten des nächsten Gute-Laune-Songs mehrere Leute ausgelassen "Whohoo" rufen und anfangen zu tanzen, denke ich mir, Made my day!

Nach ein paar mehr Minuten Schlenderei trete ich schließlich endgültig die Heimreise an. Bei den horrenden Preisen im Parkhaus will man eh nicht allzu lange bleiben.
Wieder auf der Autobahn finde ich es etwas schade, dass die Maximalgeschwindigkeit auf irischen Autobahnen bei 120 km/h liegt - nach der Gurkerei in den letzten Tagen hätte ich durchaus meinen Gefallen daran gefunden, den BMW mal auszufahren. Aber gut, der Verkehr ist relativ ruhig, ich schalte den Tempomaten ein und bringe die restlichen knapp 3 Stunden bis nach Dublin recht entspannt hinter mich.

Lied der Woche: Razorlight - America
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Das war sie dann wohl, meine erste Reise in Irland.
Ich finde es irgendwie echt schade, dass ich meine Erkundungstouren - aus welchen Gründen auch immer - nicht so sehr genießen konnte wie erwartet. Aber das kann man wohl auch wirklich nicht erzwingen.
Die Fahrt runter nach Kerry und generell die Zeit mit den Kollegen*innen fand ich aber wirklich schön und lustig, auch wenn die eigentliche Wanderung dann echt ein Desaster war. Aber hey, wir machen da auch eine Woche später noch unsere Witze drüber, also hatte wohl auch das etwas Gutes!

Ich habe mir inzwischen überlegt, dass ich gerne ab sofort jedem meiner Blogeinträge ein "Lied der Woche" hinzufügen möchte. Ich glaube, das hat viel damit zu tun, dass ich den Blog ja irgendwo auch als Tagebuch nutze und damit, dass ich meistens recht viele Gedanken und Gefühle oder eben Erinnerungen mit Liedern verbinde (ihr kennt das sicher). Die Lieder werden nicht immer unbedingt stellvertretend für die ganze Zeit im Blogeintrag stehen, vielleicht spiegeln sie hier und da auch einfach nur meine Stimmung in dem Moment wieder, wo ich ihn schreibe. Oder stehen für gar nichts Konkretes, pures Bauchgefühl. Mal sehen.
Ich habe jedenfalls zum allerersten Eintrag eine ganze Playlist und zum zweiten Eintrag noch einen Song hinzugefügt - falls sich das irgendjemand noch anschauen will.

Bis bald mal!